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Haushaltsrede 2020

Rede zum Haushalt 2020 der Stadt Stutensee

 

Sehr geehrter Frau Oberbürgermeisterin Becker,

sehr geehrter Herr Bürgermeister Geissler,

sehr geehrte Frau Leyerle und Herren Amtsleiter sowie Mitarbeitende der Stadt Stutensee,

werte Kolleginnen und Kollegen aus Gemeinderat und Ortschaftsräten,

liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger,

 

Mit dem Haushalt 2020 geht es uns ein bisschen wie Christoph Kolumbus, Magellan oder Neil Armstrong: wir betreten Neuland und wir treten in ein neues Zeitalter ein, das Zeitalter des neuen kommunalen Haushaltsrechtes. Diese Umstellung in der Art und Weise wie unser Haushalt geführt und dargestellt wird, erfordert ein Umdenken in der Verwaltung und im Gemeinderat. Denn der Übergang von einem zahlungsorientierten zu einem ressourcenorientierten Haushalts- und Rechnungswesen, führte zu einem grundlegenden deutschlandweiten Wandel der kommunalen Haushaltswirtschaft. Was heißt das nun konkret für uns?

So manches bleibt unverändert: die Kommune behält ihre Finanzhoheit, der Gemeinderat behält seine haushaltsrechtlichen Aufgaben, nämlich die Haushaltsplanung, die Haushaltsplanausführung sowie die Haushaltskontrolle, so wie es in der Gemeindeordnung und in der Gemeindehaushaltsverordnung festgeschrieben ist.

 

Allerdings ändern sich die Prämissen, unter denen unser Haushalt nach dem Neuen kommunalen Haushaltsrecht darzustellen ist, ganz erheblich. Dazu gehören im Wesentlichen die folgenden vier Punkte:

  1. Das Ressourcenverbrauchskonzept das dem Grundprinzip der Nachhaltigkeit und der intergenerativen Gerechtigkeit folgen soll. Anders ausgedrückt: „Jede Generation darf nur die Ressourcen verbrauchen, die sie auch einbringt.
    Es soll der gesamte Ressourcenverbrauch einer Haushhalts-Periode durch Erträge gedeckt werden, um nachfolgende Generationen nicht zu belasten.“ Praktisch bedeutet das, wir müssen beispielsweise den Wertverlust, die Abschreibung unserer städtischen Immobilien im laufenden Haushaltsjahr erwirtschaften um damit künftige Investitionen (Sanierungen oder Neubauten) zu finanzieren.

  2. Wir bewegen uns von der Input- zur Output-orientierten Steuerung. In der Kameralistik stand stets der jeweilige Input, also die zur Verfügung gestellten Geldmittel, als zentrales Beurteilungskriterium im Vordergrund. Im NKHR steht der Output, also das Ergebnis eines Verwaltungshandelns im Fokus. Das bedeutet, dass wir als Gemeinderat primär Ziele, also Output, festlegen, welche durch Verwaltungshandeln erreicht werden sollen. Vor diesem Hintergrund erscheint die kleinteilige Diskussion über die Anschaffung von Schreibtischen oder Beamer, wie sie hier teilweise bei den Haushaltberatungen geführt wurden, nicht so ganz in die neue Philosophie des NKHR zu passen.

  3. Über den Haushalt wird die Verbindung von Zielen, Kennzahlen und Budgets geschaffen.

  4. Weiterhin soll im NKHR eine verbesserte Transparenz über Ertrags- und Finanzlage, Vermögen und Schulden der Stadt geschaffen werden.

Diese neue Philosophie erfordert eine neue Denkweise und nicht jeder von uns konnte sich mit dem NKHR schon anfreunden. Aber es besteht Hoffnung! Eine Umfrage unter Gemeinderäten von Kommunen, die schon seit längerem auf das NKHR umgestellt haben, hat gezeigt, dass sich drei Viertel der Mandatsträger positiv äußern und die Vorteile gegenüber der bisherigen Praxis klar überwiegen.

 

Aber zurück nach Stutensee. Kurz gesagt: durch die Umstellung auf das neue kommunale Haushaltsrecht ist Stutensee um keinen Cent ärmer oder reicher geworden. Es geht nach wie vor darum, mit unseren Ressourcen verantwortungsvoll umzugehen.

 

Allerdings sind unsere finanziellen Ressourcen, trotz kommunaler Finanzhoheit, ganz wesentlich von äußeren Faktoren abhängig: Von der Wirtschaftslage, vom Steueraufkommen und so weiter.

 

Im Jahr 2019 wurde immer wieder von Rezession gesprochen, aber sie ließ sich trotz Handelskrieg, trotz Brexit, trotz Irankrise nicht herbeireden. Am Jahresende stand an der Börse ein sattes Plus von 25% für den DAX und der Bundeshaushalt brachte einen Rekordüberschuss von 19 Milliarden Euro. Dennoch bleibt das gesamtwirtschaftliche Bild eher fragil, wie die Auswirkungen des Corona-Virus auf die Wirtschaft gezeigt haben.

 

Aber lassen Sie uns nun den Blick auf die kommunalen Finanzen unserer großen Kreisstadt richten.

 

In den vergangenen Jahren haben wir große Herausforderungen geschultert und sind mutig, aber nicht leichtsinnig, neue Projekte angegangen. Wir haben das neue Stutensee-Bad innerhalb des vorgegebenen Zeit- und Finanzrahmens errichtet, wir haben und setzen weiterhin Brandschutzmaßnahmen an unseren Schulen um, wir haben den Neubau der Mehrzweckhalle Staffort auf den Weg gebracht – um nur einige Beispiele zu nennen. Dazu hatten wir in 2018 ein Haushaltsvolumen von über 90 Mio € und in 2019 von 88 Mio €. Die Eckdaten unseres Haushaltes 2020 wurden bereits mehrfach genannt, ich muss diese also nicht noch einmal wiederholen.

 

Nach aktuellem Stand der Dinge dürfte das Jahr 2019 besser ausfallen als geplant: Die Gewerbesteuereinnahmen dürften über den Erwartungen liegen und die FAG Zuweisungen dürften höher ausfallen als noch im Finanzzwischenbericht Mitte 2019 angenommen. Unter dem Strich bedeutet dies: auf die geplanten Kreditaufnahmen und Entnahmen aus Rücklagen konnte komplett verzichtet werden. Zum Jahresanfang 2020 kann die Stadt liquide Eigenmittel in Höhe 15.2 Mio € vorweisen. So viel Liquidität, dass wir Kredite in Höhe von 1 Mio € vorzeitig ablösen können.

 

Die Gemeindeprüfungsanstalt hat schon 2016 klargestellt: „Der Sicherstellung der notwendigen Liquidität kommt auch im NKHR besondere Bedeutung zu“. Wir stehen also eigentlich ganz gut in den Startlöchern für 2020 und die folgenden Jahre. Eigentlich! Denn das NKHR verlangt von uns auch die Erwirtschaftung des Ressourcenverbrauches. Und hier liegt die Krux, gerade für den Haushalt 2020. Unser Ergebnishaushalt weist ein Minus von 1.6 Mio € auf. Es gelingt uns also noch nicht die Abschreibungen zu erwirtschaften. Das Erwirtschaften der Abschreibungen innerhalb des Ergebnishaushaltes ist allerdings ein zentrales Kriterium für die Genehmigungsfähigkeit unseres Haushaltes. Die Kürzungen und Minderausgaben, die in der Haushaltsberatung vorgetragen wurden, bringen hier nur minimal Entlastung, weil sich diese im Wesentlichen auf den Finanzhaushalt auswirken und teilweise auch nur zu einer zeitlichen Verlagerung der Ausgaben führen.

Die Abschreibungen zu erwirtschaften wird uns in der mittelfristigen Finanzplanung erst ab 2022 gelingen. Hinzu kommt, dass die Vermögensbewertung noch nicht abgeschlossen ist und insofern noch gewisse Risiken bestehen. Im Haushalt ist zunächst das vorgesehen, was nach gegenwärtigem Stand abgeschätzt werden kann. Wir wissen also gar nicht genau wieviel an Abschreibungen in 2020 tatsächlich zu erwirtschaften ist. Das heißt, wir müssen die beauftragte Firma drängen hier endlich ihren Verpflichtungen nachzukommen und abschließende Zahlen vorzulegen. Das muss nach unserer Auffassung zeitnah geschehen, so dass die Verwaltung die Informationen in den Finanzzwischenbericht einarbeiten und ein aktualisiertes Gesamtbild darstellen kann. Dies dürfen sie als Antrag betrachten.

 

Eine funktionierende Stadtverwaltung braucht Personal: vom Kindergarten bis zum Bauhof, vom Bürgerbüro bis zum Schwimmbad, ohne gute Mitarbeiter geht nichts. Im Haushalt schlagen die Personalkosten mit 16.2 Mio. € zu Buche, das ist mehr als ein Viertel des Ergebnishaushaltes. Nach den vom Gemeinderat beschlossenen, wichtigen und zukunftsorientierten zusätzlichen Stellen in 2019 und für 2020, müssen künftige Stellenausweitungen sehr zurückhaltend angegangen werden. Um die vielfältigen Aufgaben jetzt und auch in Zukunft bestmöglich bewältigen zu können, sind Abläufe, Organisation und Strukturen, sowie Zuordnung von Personal und Verantwortung auf ihre Effizienz hin zu untersuchen und gegebenenfalls Optimierungen vorzunehmen.

 

Darüber hinaus müssen wir gemeinsam eine klare Vorstellung erarbeiten, wie sich unsere Stadt entwickeln soll. Wir verweisen auf unseren schon früher gestellten Antrag: die Fortschreibung des Stadtentwicklungsplanes mit einem Zeithorizont bis 2030 oder 2035 aktiv anzugehen. Wir freuen uns, dass in dieser Sitzung der Startschuss dafür gegeben wurde, denn wir brauchen eine strategische Perspektive und müssen dazu umfassende, ganzheitliche Betrachtungen anstellen. Selbstverständlich muss dieser Prozess, wie schon bei früheren Verfahren, unter Einbeziehung der Bürgerinnen und Bürger geschehen.

 

Lassen Sie mich nun, ganz im Sinne der Philosophie des NKHR, zu konkreten Zielen für 2020 kommen:

  • Wohnraum ist nach wie vor knapp in unserer Region und auch in Stutensee. Neubaugebiete im Außenbereich werden auch weiterhin ein Element der Siedlungsentwicklung bleiben, wohl wissend, dass Flächen eine begrenzte und deshalb sehr wertvolle Ressource sind. Das Baugebiet 24-Morgenäcker und der „Wohnpark Mittendrin“ sind in der Entwicklung. In Staffort sollte das Baugebiet Unterfeld II auf den Weg gebracht werden, hier muss die Priorität auf das Teilgebiet der stadteigenen Fläche gelegt werden. Für die innerörtliche Entwicklung brauchen wir quartiersbezogene Konzepte die verdichtete Nutzung, Verkehrs- und Parkierprobleme einerseits und zu schützende Grüngerüste andererseits, gegeneinander abwägen. Bei Einzelfällen muss die Baurechtsbehörde pragmatische und bürgernahe Lösungen ermöglichen.
     

  • Bei den Gewerbegebieten müssen wir uns darauf konzentrieren was für Stutensee nachhaltig und sinnvoll ist. Mehr Gewerbeflächen stehen nicht grundsätzlich für mehr Gewerbesteuereinnahmen, wie wir aus der Erfahrung der vergangenen 20 Jahre wissen. Deshalb brauchen wir hier einen Paradigmenwechsel und klare Vorgaben wofür wir welche unserer knappen Flächen verkaufen oder entwickeln wollen.

 

  • Im Bereich Bildung und Erziehung müssen wir für eine ausreichende Anzahl und gut ausgestattete Betreuungsplätze für unsere Jüngsten sorgen, im Kleinkind- und im Kindergartenbereich.
    Als Schulträger stehen wir in der Verantwortung Gebäude und Ausstattung an einer modernen zukunftsgerichteten Bildung zu orientieren. Ein Beispiel dafür ist der Beschluss von vorhin zur Einrichtung des Profilfaches Informatik, Mathematik, Physik (IMP).

 

  • Das Ehrenamt zu fördern, die Arbeit unserer Vereine zu unterstützen, das sportliche, soziale und kulturelle Leben zu stärken, ist wichtig für eine Kommune und hier müssen wir, auch in finanziell schwierigen Zeiten, ein verlässlicher und wertschätzender Partner unserer Ehrenamtlichen sein. Das Begegnungszentrum Regenbogen in Spöck eröffnet neue Möglichkeiten, um das kulturelle Angebot in Stutensee zu bereichern und Integration zu leben, wie die sehr erfolgreiche Veranstaltung am vergangenen Samstag gezeigt hat.

 

  • Unsere Seniorinnen und Senioren haben mit der Einrichtung des Seniorenbeirates eine starke Stimme bekommen. Im Baugebiet 24-Morgenäcker wird es für unsere Seniorinnen und Senioren im Bereich Wohnen und Pflege entsprechende Angebote geben. Erfreulich viele Betreiber/Investoren haben ihr Interesse bekundet hier aktiv werden zu wollen, auf Basis der Vorgaben, die in einer Veranstaltung im vergangenen Herbst erarbeitet wurden.

 

  • Im Bereich Verkehr müssen wir darauf drängen, dass auch die Kreisstraßen, die durch Spöck bzw. Staffort führen Tempo 30 bekommen. In ganz Stutensee müssen die Geschwindigkeitsbeschränkungen kontrolliert und durchgesetzt werden. Auch die Probleme des ruhenden Verkehrs – zugeparkte Gehwege, kaum noch passierbare Straßen, schwierige Durchfahrt für Rettungskräfte – müssen besser geregelt werden. Für die Verbesserung der ÖPNV Anbindung in Richtung Bruchsal sollten wir untersuchen ob innovative und flexible Lösungen nicht sinnvoller und umweltschonender sind, als das schwere Geschütz einer Verlängerung der S2 aufzufahren.

 

  • Im Bereich Umwelt und Natur müssen wir die Grünabfallsammelplätze in allen Stadteilen zweckmäßig gestalten und auch die Entsorgung des Biomülls mit einbeziehen. Wir erwarten von unserem neuen Umweltbeauftragten ein klares Konzept wie das Ökokonto künftig transparent geführt werden soll. Wir begrüßen ausdrücklich die Wildstauden- und Baumpflanzaktionen der Stadt um dem Insektensterben entgegenzuwirken Und Artenvielfalt zu erhalten, sowie die Teilnahme am Labellng-Verfahren. Zum Klimaschutzplan 2050 der Bundesregierung müssen auch wir als Kommune beitragen. Die äußerst erfolgreiche Teilnahme von Stutensee beim Stadtradeln war ein Element. Hier erwarten wir, über den European Energy Award hinaus (bei dem es im Wesentlichen um Maßnahmen zur CO2 Minderung geht), vom Umweltbeauftragten einen Vorschlagkatalog mit konkreten Maßnahmen zur CO2 Bindung.

 

  • Unsere Feuerwehr bleibt mit Umstellung auf Digitalfunk und Ersatzbeschaffung eines HLF 10 gut ausgestattet. Allerdings sollten wir endlich auch die strukturellen Probleme unserer freiwilligen Feuerwehr angehen. Wir wiederholen unseren Antrag aus 2018 und 2019, die Verwaltung möge einen Statusbericht zur bisherigen Umsetzung des Feuerwehrkonzeptes und Pläne für eine Fortschreibung vorlegen.

 

  • Bei der Gewässerentwicklung bewegt uns natürlich die Frage was passiert nach der Entfernung des Nadelwehres? Bietet der ausgedünnte Uferdamm ausreichend Hochwasserschutz? Das Schadenspotential, zum Beispiel am Schulzentrum, ist enorm und die Verwaltung sollte darstellen wie damit umgegangen wird bis ein neues Wehr eingerichtet ist. Auch dies ist als Antrag zu verstehen.

 

Abschließend möchte ich festhalten, dass Stutensee vor Herausforderungen steht, dass wir aber die Weichen richtig gestellt haben. Um mit Franz von Assisi zu sprechen: „Tu erst das Notwendige, dann das Mögliche, und plötzlich schaffst Du das Unmögliche“.

 

Zum Schluss möchte ich allen, die beim Ausarbeiten des Haushaltes 2020 mitgewirkt haben, den aufrichtigen Dank der Fraktion der Freien Wähler auszusprechen, insbesondere Frau Leyerle und ihren Mitarbeitern, sowie allen, die in ihren jeweiligen Ressorts Einsparpotentiale identifiziert haben.

 

Dem Haushalt 2020 und der mittelfristigen Finanzplanung, sowie dem Wirtschaftsplan des Eigenbetriebes Abwasserbeseitigung, stimmt die Fraktion der Freien Wähler zu.

 

Ihnen, meine Damen und Herren, danke ich für Ihr aufmerksames Zuhören.

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